Aufarbeitung
Unrecht und Fehlverhalten aufklären und benennen
Hier finden Sie Informationen zum Thema Aufarbeitung: zum einen zur im Aufbau befindlichen Unabhängigen Regionalen Aufarbeitungskommission (URAK) und außerdem bereits erschienenen Aufarbeitungsstudien im Gebiet der Nordkirche.
Auf dieser Seite:
Unabhängige Regionale Aufarbeitungskommission (URAK) Nord-Ost
Am 13. März 2025 wurde der Start der Unabhängigen Regionalen Aufarbeitungskommission (URAK) Nord-Ost bekannt gegeben. Sie wird die Rechte Betroffener im Sinne der Aufarbeitung stärken.
Trägerkreis der URAK Nord-Ost sind neben der Nordkirche die Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO), die Diakonischen Werke Hamburg, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern sowie das Diakonische Werk Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz.
Ihre Gründung geht zurück auf die „Gemeinsame Erklärung“ zwischen UBSKM (Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs), der Evangelischen Kirche Deutschland (EKD) und der Diakonie Deutschland vom 13. Dezember 2023. Hier finden Sie die Pressemeldung zur Gemeinsamen Erklärung und hier den Wortlaut der Gemeinsamen Erklärung. Hier finden Sie die Pressemeldung zum Start der URAKs deutschlandweit.
Dies sind die Mitglieder der URAK Nord-Ost
Folgende Personen sind als Mitglieder für die Unabhängige Regionale Aufarbeitungskommission Verbund Nord-Ost berufen:
- Linus Loewe, Betroffenenvertreter aus Hamburg, angestellt im Medizinbereich, delegiert aus der Betroffenenvertretung URAK Verbund Nord-Ost
- Anna Lisa (Pseudonym), Betroffenenvertreterin aus dem Raum Berlin, Diplom im Gesundheitsbereich, delegiert aus der Betroffenenvertretung URAK Verbund Nord-Ost
- Udo Wölkerling, ehem. Leiter der Fachstelle Kind im Zentrum, Mitarbeit im Aufarbeitungsprozess der Staatlichen Ballettschule Berlin, externe Beratung zum Thema Prävention für das Erzbistum Berlin, benannt von der Landesregierung Berlin
- Holger Stuhlmann, ehem. Leiter des Amtes für Familie, Jugend und Sozialordnung in Hamburg und Vorsitzender des Kinderschutzbundes Landesverband Hamburg, benannt von der Landesregierung Hamburg
- Prof. Dr. Barbara Bräutigam, Hochschule Neubrandenburg, Fachbereich Soziale Arbeit, Bildung und Erziehung - Schwerpunkt Beratung und Psychologie, benannt von der Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern
- Ulrike Poppe, Bürgerrechtlerin und ehemalige Oppositionelle in der DDR, bis 2017 erste Brandenburger Landesbeauftragte zur Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen Diktatur i. R., benannt vom Diakonischen Werk Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (DWBO)
- Dr. Marie Anne Subklew-Jeutner, Berlin, Theologin, Pfarrerin und Politikwissenschaftlerin, Wissenschaftliche Mitarbeiterin der Universität Hamburg, benannt von der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO).
Hier finden Sie die Pressemittteilung zum Start der URAKs am 13. März 2025.
Betroffene sind eingeladen zu Information, Austausch und Mitgestaltung
Wenn Sie als betroffene Person interessiert sind, mehr über Aufarbeitung zu erfahren oder in der Betroffenenvertretung der URAK mitzuarbeiten, sind Sie ausdrücklich eingeladen, an den Betroffenenforen der Region teilzunehmen. Diese sollen etwa jährlich stattfinden. Folgende Inhalte werden besprochen:
- Sie werden über die Entwicklungen zu Prävention, Anerkennung und Aufarbeitung informiert.
- Sie können die Arbeit der zukünftigen Aufarbeitungskommission verfolgen.
- Sie können sich über Ihre Themen mit anderen Betroffenen austauschen.
- Sie können aus Ihrer Mitte Betroffenenvertreter in die Kommission entsenden.
- Sie können selbst anbieten, für die Vertretung in der URAK zur Verfügung zu stehen. Das bedeutet Einsatz und Aufwand. Über die Entsendung entscheidet das Betroffenenforum gemeinsam.
- Wir möchten Sie ausdrücklich ermutigen, teilzunehmen. Es ist jederzeit möglich hinzuzukommen.
- Ihr Kontakt ist der Leiter der Geschäftsstelle der URAK Verbund Nord-Ost, Herr Manuel Stadtmüller unter info@urak-nord-ost.de
Der Unterschied von Anerkennung und Aufarbeitung
Anerkennung und Aufarbeitung sind hier als Aufgaben deutlich zu unterscheiden. Denn es gibt im Bereich der Rückschau auf Taten und Schicksale im evangelischen Bereich zwei Kommissionen, die unterschiedlich besetzt sind und unterschiedliche Aufgaben erfüllen.
Die Anerkennungskommission der Nordkirche für Diakonie und Landeskirche ist da für betroffene Personen. Hier geht es nicht um institutionelle Aufarbeitung oder Aufklärung von Taten. Die Aufgabe dieser Kommission ist die Anerkennung des individuellen Unrechts und die Übernahme von Verantwortung. Verantwortungsübernahme. Sie hört Betroffenen im vertraulichen Einzelgespräch zu und will mit Anerkennungsleistungen das künftige Leben erleichtern. Ihre Arbeit ist im Präventionsgesetz der Nordkirche definiert. Das Gremium handelt und entscheidet unabhängig von kirchlichen und diakonischen Gremien.
Da der Rat der EKD am 29. März eine neue, deutschlandweit anzuwendende Anerkennungsrichtlinie verabschiedet hat, wird sich der Umgang mit Anerkennung hier auch in der Nordkirche mit deren Umsetzung im Verlauf des Jahres 2025 verändern.
Die Aufarbeitungskommission hingegen hat die Aufgabe, unabhängige und regional bezogene institutionelle Aufarbeitung ermöglichen. Mehr dazu finden Sie in den folgenden Texten.
Mit diesen Worten hat Detlev Zander, Betroffener und Sprecher der Betroffenenvertretung im Beteiligungsforums der EKD die Unterzeichnung der Gemeinsamen Erklärung kommentiert:
„Eine überaus wichtige Errungenschaft der Gemeinsamen Erklärung ist es, dass die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt der evangelischen Landeskirchen und der Diakonie endlich vereinheitlicht wird.
Der Flickenteppich verschiedener Landeskirchen und diakonischen Werke ist für betroffene Personen einfach viel zu unübersichtlich und das führt sehr häufig zu zusätzlichen Belastungen bei betroffenen Menschen.
Mit der Gemeinsamen Erklärung und der Bildung Unabhängiger Regionaler Aufarbeitungskommissionen wird hier Abhilfe geschaffen; für mehr Transparenz und Handlungssicherheit bei Betroffenen in der nun klarer geregelten Aufarbeitung sexualisierter Gewalt.“
Leitung der Geschäftsstelle

Manuel Stadtmüller hat am 01. Oktober 2024 die Leitung der Geschäftsstelle der URAK Verbund Nord-Ost übernommen.
Sein Dienstsitz ist Hamburg und Berlin.
Als Leiter der Geschäftstelle der URAK ist er zu erreichen unter:
Email info@urak-nord-ost.de
Aufbau der URAK Verbund Nord-Ost
Manuel Stadtmüller begleitet die Arbeit der URAK Verbund Nord-Ost. Er unterstützt die Kommission und die Betroffenenforen bei ihrer Arbeit und Vernetzung. Dabei ist es für alle Beteiligten zentral, dass für die Position eine kirchenunabhängige Person gefunden werden konnte.
Manuel Stadtmüller (Jahrgang 1984) hat einen Abschluss in Psychologie. Er besitzt langjährige Erfahrung im Umgang mit betroffenen Menschen, arbeitete als systemisch-integrativer Coach und Deeskalationstrainer und in der therapeutischen Arbeit mit schutzbedürftigen Personengruppen.
Er hatte zuvor eine leitende Position in der Wiedereingliederungshilfe und forensischen Nachsorge inne. Darüber hinaus war ein Schwerpunkt seiner Tätigkeit die Organisationsentwicklung und überregionale Koordination psychosozialer Betreuungseinrichtungen.
Hier erfahren Sie mehr über den Aufbau der URAK.
Aufgaben der URAK
Aufgaben der Unabhängigen Regionalen Aufarbeitungskommission
Die folgenden Informationen können Sie auch der Gemeinsamen Erklärung und der Auslegungshilfe zur Gemeinsamen Erklärung entnehmen. Wir möchten Ihnen einen kurzen Überblick ermöglichen.
Dies sind die Fragestellungen, denen sich die URAK widmen kann:
- Quantitative Erhebung von Fällen sexualisierter Gewalt, um deren Ausmaß in den beteiligten Landeskirchen und den Gliederungen der diakonischen Landesverbände zu erkennen.
- Identifikation von Strukturen, die sexualisierte Gewalt ermöglichen, begünstigen, deren Aufdeckung erschweren oder dies in der Vergangenheit getan haben.
- Untersuchung und Evaluierung des administrativen und verfahrensrechtlichen Umgangs mit Betroffenen und weiteren Beteiligten in den beteiligten Landeskirchen und diakonischen Landesverbänden und Ermöglichung der individuellen Aufarbeitung Betroffener.
- Unterstützung, Evaluierung und Beratung der beteiligten Landeskirchen und diakonischen Landesverbände im Hinblick auf die institutionelle Aufarbeitungspraxis und die unabhängige Aufarbeitung konkreter Fälle sowie deren quantitative und qualitative Analyse.
- Ansprechpartner sein für Betroffene und die Kirchen und Diakonischen Werke in ihrer Region bei ihren Aufarbeitungsbemühungen.
Die Besetzung der Unabhängigen Regionalen Aufarbeitungskommissionen
Das Gremium soll aus mindestens sieben Personen bestehen:
- Durch die Betroffenenvertretung werden mindestens zwei betroffene Personen aus dem Raum der Evangelischen Kirche oder Diakonie benannt.
- Die zuständigen Landesregierungen benennen Expert*innen aus der Zivilgesellschaft, die Verantwortung tragen, zum Beispiel aus Geschichtswissenschaft, Archivwesen, Rechtswissenschaft, Psychologie, Soziologie, Pädagogik oder Theologie oder ähnlichen Bereichen.
- Weniger als die Hälfte der Kommissionsmitglieder sind Vertreter*innen der Landeskirchen und Landesverbände der Diakonie. Sie werden von dort benannt.
- Weniger als 50 Prozent der Kommissionsmitglieder dürfen Beschäftigte der Evangelischen Kirche oder der Diakonie sein oder einem ihrer Gremien angehören.
So sollen die Kommissionen arbeiten
Im Grundsatz arbeiten die Kommissionen unabhängig, aber koordiniert. Folgende Instrumente werden in der „Gemeinsamen Erklärung" als Grundlage der Arbeit genannt:
- Sie können dezentral betroffene Personen anhören.
- Sie informieren sich über bestehende Studien (insbesondere die ForuM-Studie).
- Sie können neue Studien mit Zustimmung des Verbunds vergeben.
- Sie bearbeiten Beschwerden betroffener Personen.
- Sie erhalten das Recht zur Akteneinsicht.
- Sie setzen eigene Schwerpunkte je nach Verbund.
Aufarbeitungsstudien in der Nordkirche
Aufarbeitungsprozesse in der Nordkirche
Geschichte der Aufarbeitung von Missbrauchsfällen
Die Nordkirche hat gemeinsam mit dem Kirchenkreis Hamburg-Ost 2012 eine unabhängige Kommission zur Aufarbeitung der Missbrauchsfälle im Gebiet der ehemaligen Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche, heute Evangelisch-Lutherische Kirche in Norddeutschland, eingesetzt.
Anlass für den Auftrag waren Fälle von sexualisierter Gewalt an Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen durch zwei Täter in der Kirchengemeinde Ahrensburg in den 1970er und 1980er Jahren, die im Jahr 2010 bekannt wurden.
Darüber hinaus wurden auch Fälle aus der jüngeren Vergangenheit in einer Kita in Schnelsen untersucht. Die Beauftragung hatte die nachhaltige und präventiv ausgerichtete Aufarbeitung der Auswirkungen sexualisierter Gewalt in Kirchengemeinden zum Ziel.
Zur dieser Kommission gehörten:
- Dr. Dirk Bange, Leiter der Abteilung Familie und Kindertagesbetreuung der Behörde für Arbeit, Gesundheit, Soziales, Familie und Integration in Hamburg
- Ursula Enders, Mitbegründerin und Leiterin von Zartbitter Köln e. V.
- Petra Ladenburger, Rechtsanwältin
- Martina Loersch, Rechtsanwältin
Aus der Arbeit dieser ist im Jahr 2014 ein Schlussbericht entstanden, der Geschehnisse dokumentiert und als Basis für verbesserte Prävention, Intervention und Aufarbeitung dient. Er ist im folgenden Abschnitt zu finden.
Nachgefolgt sind Anerkennungskommissionen, die weiterhin für die Begleitung und Aufarbeitung mit Betroffenen da sind. Sie sollen Anerkennung aussprechen und Anerkennungsleistungen zusprechen. Informationen zur aktuellen Kommission finden Sie weiter oben.
Aufarbeitung sexualisierte Gewalt im Heim Margaretenhort
Der "Margaretenhort" wurde in den 1970/80er Jahren als ein kirchliches Kinderheim in Heimfeld geführt. Dort kam es über einen langen Zeitraum zu teils massiver sexualisierter Gewalt an Kindern und Jugendlichen beiderlei Geschlechts durch ältere männliche Jugendliche. Nach aktuellem Kenntnisstand erlitten mindestens zehn Mädchen und ein kleiner Junge im Alter von etwa zwei bis 16 Jahren massive Gewalt.
Die Taten wurden durch die damaligen Mitarbeiter*innen weder benannt noch unterbunden. Die betroffenen Kinder und Jugendlichen wurden nicht geschützt. Viele der Betroffenen sind darum traumatisiert und leiden bis heute unter den Folgen. Bis 2016 hatte weder eine Aufarbeitung stattgefunden, noch gab es strafrechtliche Konsequenzen.
Zeitzeug*innen haben sich im Frühjahr 2016 an eine Vertrauensperson im Margaretenhort gewandt und berichteten über die erlebten Vorfälle. Diese informierte den Kirchenkreis Hamburg-Ost als Gesellschafter der Margaretenhort gGmbH. Das ehemalige Kinderheim stand in der Zeit der Vorfälle in der Trägerschaft des damaligen Kirchenkreises Harburg.
Gemeinsam mit der neuen Geschäftsführung wurde ab Sommer 2016 der Aufarbeitungsprozess begonnen. Dr. Ulrike Winkler bekam als unabhängige Wissenschaftlerin den Auftrag, eine unabhängige, wissenschaftlich fundierte Studie zu erstellen.
Die Studie wurde am im Frühjahr 2021 als Buch veröffentlicht und ist im Buchhandel erhältlich:
„Kein sicherer Ort“ von Ulrike Winkler
Verlag für Regionalgeschichte
Bielefeld 2021, 171 Seiten
ISBN 978-3-7395-1285-3
Für Betroffene stehen weiterhin feste Kontaktpersonen sowohl im Margaretenhort zur Verfügung. Auch die unten genannte Unabhängige Ansprechstelle UNA und die Annerkennungskommission auf diesen Seiten können angesprochen werden.
Weitere Informationen zur Aufarbeitung sind auf den Seiten des Margaretenhorts zu finden.
Schlussbericht der unabhängigen Kommission
Nach knapp zwei Jahren Arbeit hat die unabhängige Kommission am 3. Oktober 2014 ihren Schlussbericht vorgelegt. Der Bericht ist für die Kirche und ihre Arbeit mit Kindern und Jugendlichen ein wichtiges Dokument. Er enthält auf 500 Seiten viele wichtige Hinweise für die Präventions- und Interventionsarbeit. Die Nordkirche hat den Bericht veröffentlicht:
Hier finden Sie den Schlussbericht der unabhängigen Kommission und hier eine rund 30-seitige Zusammenfassung des Schlussberichtes.
Die Nordkirche hat unmittelbare Konsequenzen aus dem Bericht gezogen. Dazu hat die Erste Kirchenleitung der 2012 vereinten Nordkirche auf der Basis wesentlicher Empfehlungen der unabhängigen Experten kirchliche Fachstellen um die Erarbeitung von Konzepten und die Einleitung bereits vorbereiteter Maßnahmen gebeten.
Das Resultat der Empfehlungen sind alle Strukturen, Stellen und Konzepte zur Prävention und Intervention gegen sexualisierte Gewalt, die auf dieser Seite präsentiert werden und die in der Nordkirche umgesetzt werden. Kirche zu einem sicheren Ort zu machen, eine Kultur der grenzachtenden Kommunikation und Klarheit auf allen Ebenen der Nordkirche, der Kirchenkreise und der Gemeinden ist das Ziel.